Aber was hat das für Auswirkungen auf mein Leben?
Ein kleines Beispiel:
Ich habe unheimlich lange (ehrlich gesagt viele Jahre) mit mir gehadert, ob ich meinen Youtube Channel eröffnen sollte. Meine Selbstzweifel bzw. mein Perfektionismus standen mir dabei oft im Weg:
Worüber sollte ich genau erzählen? Was denken die Leute über meine Videos, über den Inhalt? Bin ich überhaupt gut genug für sowas? Oder gestalte ich das alles vielleicht sogar langweilig?
Was ist mit meinem Aussehen? Ich bin nicht mehr die jüngste (aktuell bin ich 37 Jahre jung), habe ein auswucherndes Muttermal unterm Auge, welches die Kamera anzuspringen und zu verletzten droht, sobald ich ein Video drehe - und die schlankste bin ich leider auch nicht mehr.
Was ist mit dem Ton? Kann man mich gut verstehen, bin ich zu leise oder zu laut?
Ganz ehrlich: Ich habe eine D5300 mit externem Funkmikro (was ich allerdings umtauschen lassen musste, weil es nicht funktionierte) - die Qualität sollte kein Problem sein, oder?
Und wie wichtig ist der Ton überhaupt? Ist nicht die Aussage meines Videos am wichtigsten?
Welchen Hintergrund wähle ich für die Videos?
Es dürfen keine Logos zu sehen sein, kein Filmposter, keine Copyright geschützen Dinge (Oh Gott, kann ich überhaupt zuhause drehen??). Ich machte Probeaufnahmen mit einem Greenscreen - allerdings sah ich freigestellt aus wie ein glühender Alien ^^
Sind wir mal ehrlich ... was ist überhaupt Perfektion?
Wenn ich mir persönlich ein Video auf Youtube anschaue, welche Videos schaue ich dann?
Klar, ich schaue auch viele Videos, wo man nur Stimmen hört und keine echten Menschen sieht. Aber wenn ich in einem Video hängenbleibe, dann ist es ein Video, bei dem die Person natürlich wirkt, Spaß hat, an dem, was sie macht.
Da ist es mir auch egal, ob die Person gut aussieht oder nicht, ob sie jung ist oder alt, schlank oder dick - sie muss mich einfach ansprechen. Von der Ausstrahlung her und vom Inhalt des Videos.
Ist das Videos bzw. der Inhalt gut, vergebe ich auch schlechteren Ton oder ein nicht ganz so scharfes Bild.
Hätte ich weiter gegrübelt, was ich alles noch verbessern kann und was alles stimmen muss, wäre mein Gaming Channel heute nicht so erfolgreich. Dann hätte ich nicht mein erstes Video auf Gedankenrebellin hochgeladen, sondern wäre immer noch am grübeln, wie ich auf andere wirke.
Mein Perfektionismus steht mir im Leben leider sehr oft im Weg.
Doch woher kommt Perfektionismus?
Verhaltensforscher sagen, dass Perfektionismus quasi anerzogen wird. Viele erhalten als Kind wenig Wertschätzung und versuchen deshalb, ihr Leben lang alles perfekt zu machen, so dass sie die Anerkennung erhalten, die sie vermißt haben.
Man will gemocht werden und tut alles dafür. Man hat Angst vor dem Versagen, Angst vor Rückschlägen. Fehler dürfen nicht gemacht werden - es muss alles perfekt sein.
Deswegen fällt es Perfektionisten wohl auch so schwer, sich tatsächlich zu öffnen. Denn so würde man etwas tief in seinem Inneren befreien und anderen offenbaren. Und wenn dies bei anderen nicht gut ankäme, wäre das ein herber Rückschlag für einen selbst.
Kritik ist auch ein wichtiger Punkt: Die einen reagieren auf Kritik gestresst, weil sie jedem gerecht werden wollen, die anderen werden durch Kritik depressiv, da sie denken, dass sie nicht gemocht werden - und genau darauf arbeiten sie ja schon ein Leben lang hin. Sie fühlen sich schuldig, weil sie es nicht geschafft haben, dass sie jeder mag.
Doch das ist unmöglich. Niemand kann von jedem gemocht werden!
Je früher man dies einsieht, umso besser.
Wie ist es bei dir? Hast du auch einen Hang zum Perfektionismus? Wie äußert sich das in deinem Leben?
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